Bernd Lohmeyer
Erfolgreiche Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft: Vorbild Dänemark?
Digitalisierung – Die Revolution unserer Kommunikationswege hat ihren Weg längst in all unsere Lebensbereiche gefunden. Doch sie schreitet nicht in allen Ländern gl
eich schnell voran. Deutschland zeigt bei diesem Prozess bekanntermaßen Nachholbedarf. Die jüngste Ausgabe des „Digital Economy and Society Index“ weist Dänemark innerhalb der EU als Branchenprimus bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft aus. Auch beim weltweiten E-Government-Ranking der Vereinten Nationen steht unser nordischer Nachbar auf dem ersten Platz. Was lässt sich von dem Vorreiter der Digitalisierung lernen?
In Anbetracht der Fakten wird eine Sache sehr schnell deutlich: Die dänische Digitalisierung geschah nicht über Nacht. Bereits 1968 schuf die dänische Regierung mit der Einführung einer zentralen Personenkennziffer eine Grundlage. Die sogenannte CPR-Nummer wird von allen Behörden sowie dem Gesundheitssystem verwendet und wurde 2010 unter dem Namen NEM-ID ins Internet übertragen. In der Folge leitete die Regierung weitere Schritte zur Digitalisierung ein. So wurden die Bürger schrittweise gezwungen, mit den Behördenausschließlich über Onlineformulare, Bürgerportale und einem digitalen Postfach zu kommunizieren.
Mit der dänischen Digitalisierung gehen viele Serviceleistungen einher. Bürger können beispielsweise online Rente beantragen, Geld überweisen, Arzttermine buchen oder Bücher in den Bibliotheken ausleihen. Trotz des Erfolgs der Digitalpflicht gibt es auch kritische Stimmen. „Wenn Systeme verpflichtend sind, gibt es keinen echten Anreiz, sie zu verbessern“, warnt der dänische Bürgerrechtler Jesper Lund. Außerdem sind alle privaten Schlüssel der Bürger auf einem zentralen Server gespeichert. Dessen Sicherheit muss folglich viel Vertrauen entgegengebracht werden.
Außerdem verweist Lund auf Sicherheitsmängel der NEM-ID. So hätten Kriminelle mit fremden NEM-ID-Zugangsdaten bereits mehrmals die Bankkonten ihrer Opfer geplündert. Hier justiert die dänische Regierung jedoch bereits nach, indem sie von der aktuellen NEM-ID auf die sicherere MIT-ID umsteigt. Begründet wurde die Digitalpflicht ursprünglich vor allem finanziell. 400 Millionen Euro könne so im öffentlichen Sektor jährlich eingespart werden. Zu den tatsächlichen Einsparungen gibt es allerdings keine Daten.
Einige Inspirationen lassen sich aus der dänischen Digitalisierung sicherlich gewinnen. Doch zwischen Deutschland und Dänemark scheint es einen entscheidenden Unterschied zu geben: Die Dänen vertrauen ihren Behörden. Die meisten stellen ihre Daten bereitwillig zur Verfügung. In Deutschland spielt der Datenschutz eine größere Rolle. Die Frage nach einer Digitalpflicht stellt sich in Deutschland zurzeit gar nicht erst. Für viele Verwaltungsleistungen stehen in Deutschland lediglich Papierformulare zur Verfügung. Vor allem kleine Kommunen hinken in der Digitalisierung hinterher.